"Islamischer Religionsunterricht wird ausgeweitet"

Erste Ergebnisse aus den Pilotprojekten der Islamischen Föderation liegen vor - Von Khalil Breuer, Berlin

Die Islamische Föderation in Berlin kündigte an, dass sie ab dem nächsten Schuljahr (2002/03) den islamischen Religionsunterricht, der zur Zeit an zwei Berliner Grundschulen erteilt wird, auf mehr als 20 Schulen ausweiten wird.
Die Islamische Zeitung sprach diesbezüglich mit dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Islamischen Föderation, Herrn Burhan Kesici.

IZ: Können Sie uns kurz schildern, seit wann Sie den islamischen Religionsunterricht erteilen und wie dieser bisher von den Schülern und Schülerinnen aufgenommen wird.

Burhan Kesici: Der islamische Religionsunterricht wird seit September 2001 an zwei Schulen erteilt. Wir haben uns bewusst auf zwei Schulen mit jeweils einer Klasse beschränkt, weil wir der Berliner Öffentlichkeit die Möglichkeit geben wollten, dass sie den islamischen Religionsunterricht kennen lernt.
Es wurde in den vergangenen Jahren viel über den Islamunterricht diskutiert und es gab sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Inhalte und Methoden eines solchen Unterrichts. Es gab auch viele Ängste und Vorbehalte, denen wir entgegenwirken wollten. Somit haben wir beschlossen nur in zwei Klassen zu unterrichten.
Der Andrang seitens der Schüler war so groß, dass wir schließlich vier Klassen einrichten mussten. Wenn man bedenkt, dass wir nur in den zweiten Klassenstufen unterrichten, so ist die Anzahl von mehr als 60 Schülern und Schülerinnen an zwei Schulen schon beachtlich.

Islamische Zeitung: Gab es in anderen Klassenstufen auch Anfragen?

Burhan Kesici: Ja, unsere Lehrer berichten, dass vor den Klassenräumen, in denen der Religionsunterricht stattfindet, Schüler anderer Klassenstufen warteten und fragten, ob sie auch am Religionsunterricht teilnehmen könnten. Unsere Lehrer mussten diese Kinder auf das nächste Schuljahr trösten.

Islamische Zeitung: Den Religionsunterricht von zwei auf 20 Schulen auszuweiten dürfte keine leichte Sache sein.

Burhan Kesici: Da haben Sie recht. 20 Schulen wurden von uns als Ziel definiert. Wir befinden uns noch in der Vorbereitungsphase. Wie viel Schulen es dann werden hängt ganz davon ab, wie die Ergebnisse unserer Vorbereitungen ausfallen. Zur Zeit versuchen wir uns ein Stimmungsbild der muslimischen Eltern zu machen, um dann bestimmte Schulen zu definieren, an denen wir unbedingt unterrichten wollen. Gleichzeitig erreichen uns tägliche mehrere Anmeldungen von Schülern und Schülerinnen für den Religionsunterricht aus den verschiedenen Schulen und Bezirken.
Wir müssen all die gesammelten Daten auswerten und uns dann festlegen. Die Anzahl der Schulen hängt unter anderem auch von der Anzahl der Lehrer ab, die wir für geeignet halten.

Islamische Zeitung: Gibt es denn genügend Lehrer?



Burhan Kesici: Wir haben schon zahlreiche Bewerbungen erhalten. Zur Zeit haben wir eine bundesweite Anfrage nach Pädagogen beim Arbeitsamt geschaltet, die den Religionsunterricht erteilen sollen. Wir warten noch auf die Bewerbungen und werden uns dann gegen Mai 2002 festlegen.

Islamische Zeitung: Wir haben über den Zuspruch der Schüler und Schülerinnen gesprochen, aber wie sieht es mit dem Zuspruch der Eltern aus?

Burhan Kesici: Für die Teilnahme am Religionsunterricht ist die schriftliche Anmeldung der Eltern eine Grundvoraussetzung, so dass der Zuspruch der Eltern auch vorhanden ist. Wir bekommen Telefonanrufe, wo Eltern uns fragen, an welchen Schulen wir denn den islamischen Religionsunterricht anbieten wollen und ob die Schule ihrer Kinder auch berücksichtigt wurde. Wir müssen sehr viele Eltern schildern, wieso wir an manchen Schulen nicht unterrichten können, und wieso eine Selektion stattfindet.

Islamische Zeitung: Es scheint so, als ob der heftige Widerstand gegen den islamischen Religionsunterricht und gegen die Islamische Föderation nicht mehr da ist ...

Burhan Kesici: Der Widerstand gegen den Religionsunterricht und gegen die Islamische Föderation ist tatsächlich nicht so groß, wie es am Anfang der Fall war. Zum einen hat das damit zu tun, dass wir durch die sachlichen Diskussionen, die wir geführt haben, zeigen konnten, dass der islamische Religionsunterricht notwendig ist und dass wir ein gutes Konzept haben. Die Einführung des Religionsunterrichts war problemlos. Wir wollen uns auch hierfür recht herzlich bei den Verantwortlichen bedanken. Der Erfolg des islamischen Religionsunterricht steht und fällt mit der Kooperation der Schulen und deren Lehrkräften. Die anfänglichen Vorbehalte wurden aus der Welt geschafft und inzwischen gibt es eine sehr gute Kooperation zwischen unseren Religionslehrern und den Schulverwaltungen.

Islamische Zeitung: Was möchten Sie unseren Lesern zum Schluss noch mitteilen?

Burhan Kesici: Wir haben gemerkt, dass viele deutsche Eltern Vorbehalte gegen einen islamischen Religionsunterricht haben, weil ihnen die Möglichkeit fehlt sich Informationen zu besorgen. Hier kommt eine große Aufgabe auf uns zu.
Wir sollten uns mehr um die schulische Ausbildung unserer Kinder bemühen. Die Teilnahme an Elternabenden sollte für uns eine Pflicht sein, der wir auch nachgehen sollten. Die Elternabende sind meist die einzige Möglichkeit sich über die Leistungen der Kinder zu informieren. Außerdem können wir dort Fragen bezüglich der Religion und des Religionsunterrichts beantworten. Von dieser Möglichkeit sollten unsere Muslime Gebrauch machen. Zum Schluss hätte ich noch eine Bitte: Wie schon erwähnt sind wir auf der Suche nach qualifizierten Lehrern und Lehrerinnen, die den Religionsunterricht erteilen können. Interessierte Personen können sich bei uns bewerben.

Islamische Zeitung: Wir bedanken uns für das Gespräch.

Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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