Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich: Kritik am Kopftuch-
Parlamentsbeschluss in Frankreich schrieb :
Auch wenn die Parlamentsentscheidung in Frankreich, die das Kopftuch ab September aus
Schulen und dem öffentlichen Raum verbannt, zu erwarten war, löst dieser Beschluss doch
große Betroffenheit aus. Muslimische Frauen sichtbar machen, war ein
Schlagwort der Europäischen Kommission durch Frau Diamantopoulou unmittelbar nach dem 11.
September, um Diskriminierung vorzubeugen. Die jetzige Entscheidung ist ein gegenteiliges
Signal.
So wie sich der Laizismus in Frankreich entwickelt, kann nicht mehr von einer Trennung
von Staat und Religion gesprochen werden, da der Staat sich herausgenommen hat, direkt in
religiöse Bereiche einzugreifen und das Selbstverständnis der Religion zu ignorieren.
Musliminnen sind ungleich stärker von der Verbannung aller religiösen Zeichen ins
Private betroffen als andere Gruppen. Denn das Kopftuch ist kein Symbol,
sondern ein Teil der Glaubenspraxis, die ihnen zu leben damit schlicht verwehrt wird. Für
viele gläubige Musliminnen bedeutet das nunmehrige Verbot in tiefe Gewissenskonflikte
gestürzt zu werden. Der Eingriff in die Religionsfreiheit wird mit allerlei Argumenten
verbrämt, die dann besonders zynisch anmuten, wenn von der damit ermöglichten
Durchsetzung von Frauenrechten die Rede ist.
Schließlich ist das jetzige Vorgehen nicht mit dem Selbstbestimmungsrecht der Frau
vereinbar. Muslimische Frauen werden bevormundet und ihre Argumente wie die detaillierte
Darlegung, warum Kopftuchtragen weder etwas mit Unterdrückung zu tun habe,
noch politisch zu verstehen sei, ignoriert.
Eine Polarisierung ist eingetreten mit einer fatalen Frontenbildung von
KopftuchgegenerInnen und KopftuchbefürworterInnen. Dabei geht schon diese Art des Umgangs
mit der Frage des Kopftuchtragens an der Sache vorbei. Es sollte in einer von Vielfalt
geprägten Gesellschaft möglich sein, auch eine kritische Meinung oder sogar persönliche
ablehnende Haltung in einer Sache zu haben, ohne dass dies in Verbote mündet. Der
restriktive Weg leistet einer weiteren Diskriminierung muslimischer Frauen Vorschub, die
ohnehin hart genug gegen Klischees ankämpfen, sie seien dumm, unterdrückt und
fremdbestimmt.
Integration durch Partizipation ist als Motto für muslimische Frauen in
Österreich prägend geworden. Auch wenn die gute rechtliche Ausgangslage nicht
automatisch gesellschaftliche Anerkennung bedeutet, sehen wir, dass so für den Dialog und
den gleichberechtigten Zugang faire Voraussetzungen bestehen, die den sozialen und
religiösen Frieden fördern. So begrüßen wir den Weg, den Österreich im Umgang mit den
anerkannten Religionen geht und hoffen, dass hiervon auch eine Beispielwirkung auf andere
europäische Staaten ausgeht.
Carla Amina Baghajati
Medienreferentin