Von der Ethik der Berichterstattung

Wir ernten was wir säen

Wir ernten was wir säen.

Die Macht der Medien und Ihre Wirkung auf den Einzelnen ist eine Theorie und kann wohl nur von Soziologen der 68-Bewegung und parteilosen Politologen stammen. So oder anders könnte diese Phrase bagatellisiert werden.

Nach dem Massaker in Erfurt saß Kanzler Schröder mit den Vertretern der Medien zwar am runden Tisch, doch den "bösen Buben" haben sie geschickt weitergepasst. Maskiert als kompetente Ratgeber stehen diese heute mit blanker Weste da. Der politische Diskurs führte, Gott lob, zur Verschärfung des Waffenrechts, einer gesellschaftswirklicheren Bildungspolitik und einem neuen Regelwerk für den Vertrieb von Computerspielen, Videos etc.

Einem Lichtblick gleich wies die Pressemeldung der Münchner Verkehrsbetriebe Ende Mai unterdessen darauf hin welche prägende Wirkung auf das Verhalten des Einzelnen von den Medien selbst ausgeht. Das Münchner Projekt "U-Bahn-Suizide verhindern" zeigte, dass die Anzahl der Nachfolge-Selbstmorde innerhalb eines Jahres um 25 Prozent sank, nachdem die lokal ansässigen Medien ein Jahr lang darauf verzichteten über U-Bahn-Selbstmorde zu berichten.

Ob dieser Fall die Verantwortlichen zu einer bewussteren Berichterstattung führt, ist schnell beantwortet. Täglich versetzten Meldungen über "islamische Terroristen" und "islamische Fundamentalisten" einen Teil der Öffentlichkeit in Angst und Schrecken, obwohl die "Gotteskrieger" bereits 2001 zum Unwort des Jahres wurden. Ist es angesichts dessen nur eine Theorie, dass unbedachte Worte wie diese dem Aufguss von Öl im Feuer gleichen und die Verquirlung von Begrifflichkeiten sogar Grund für einen Flächenbrand wurden?

Wenn wir heute beobachten können, dass einer Frau hier in Europa, in Deutschland, in einer mittleren Großstadt ein Stein nachfliegt, weil Sie durch ihre Kleidung als Moslem erkennbar ist, sollte das in einer demokratischen Gesellschaft zu öffentliche Debatte und zur Reflektion der eigenen Einstellung führen. Seit dem 11. September werden Moslems zunehmend belästigt und angegriffen. Dies geht aus einem Bericht der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) in Wien hervor.

Aufklärende Veranstaltungen über das Wesen des Islams, Islamunterricht an Schulen und Islam als Studienfach sind ein guter Anfang. Die "Entteufelung" des Islams durch eine verantwortungsvollere Berichterstattung wäre die notwendige Konsequenz, denn die Vergangenheit lässt sich nicht revidieren, die Geschichte jedoch schon, denn sie wird heute geschrieben.

Aktuelle braucht es Geduld mit ignoranten Journalisten, die politische Selbstmord-Attentäter in Palästina und Unabhängigkeitskämpfer in Kaschmir mit dem Adjektiv "islamisch" verbinden oder Kunstwörter wie "islamische Selbstmörder" oder "islamische Fundamentalisten" kreieren; gleichzeitig aber vergessen, dass sie bedenkenlos Gründen für Vorurteile, Hass und Gewalt gegenüber dem Islam (=des Glaubens) des Einzelnen liefern.

Unbeantwortet bleibt, auf welchem ethnischen Fundament und Weltverständnis diese Art der Berichterstattung basiert und was den Bewohnern dieser Welt in Zukunft noch bevorsteht.



Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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