Justiz: Kopftuch gleich Berufsverbot?

Bundesverwaltungsgericht lehnt Klage von Fereshta Ludin ab

ludin.jpg (10267 Byte)(dpa)Muslimische Lehrerinnen an Grund- und Hauptschulen dürfen das Kopftuch nicht im Unterricht tragen. Das entschied am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in Berlin (Az.: BVerwG 2 C 21.01). Es bestätigte damit die Auffassung des Oberschulamts Stuttgart. Dieses hatte es 1998 abgelehnt, die Klägerin, die aus Afghanistan stammt und 1995 eingebürgert wurde, als Beamtin in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg zu übernehmen. Auch in Niedersachsen hatte das Oberverwaltungsgericht im März entsprechend entschieden.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland kritisierte das Urteil als ein faktisches Berufsverbot für die Klägerin. Nach Auffassung ihres Anwalts Hansjörg Melchinger weicht die Entscheidung erheblich vom bislang in Deutschland vorherrschenden Verständnis von staatlicher Neutralität ab. Auch die Verwendung von christlichen jüdischen und sonstigen religiösen Symbolen durch Lehrkräfte an Schulen wäre künftig strikt verboten, wenn diese Entscheidung Bestand hätte. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Hakki Keskin begrüßte hingegen den Richterspruch.

«Die Pflicht zu strikter Neutralität im Bereich der staatlichen Schule wird verletzt, wenn eine Lehrerin im Unterricht ein Kopftuch trägt», urteilten die Bundesrichter. Das Kopftuch sei ein deutlich wahrnehmbares Symbol einer bestimmten Religion, selbst wenn seine Trägerin keinerlei missionarische Absicht damit verfolge und das Kopftuch nur aus eigener Glaubensüberzeugung trage. Wegen der Vorbildfunktion, die eine Lehrerin an Grund- und Hauptschulen ausübe, dürfe sie den in ihrer Persönlichkeit noch nicht gefestigten Schülern keine bestimmte Glaubensüberzeugung ständig und unübersehbar vor Augen führen.

In der immer mehr von multikulturellen Einflüssen geprägten Gesellschaft gelte das Gebot der Neutralität gegenüber unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen in staatlichen Pflichteinrichtungen umso mehr, sagte der Vorsitzende Richter Peter Silberkuhl. Jeder Schüler habe auf Grund seiner Religionsfreiheit Anspruch darauf, vom Staat nicht dem Einfluss einer fremden Religion, auch in Gestalt eines Symbols, ausgesetzt zu werden. Auch die Eltern religionsunmündiger Schüler könnten verlangen, dass der Staat sich in religiösen und weltanschaulichen Fragen neutral verhält.

Die 30-jährige Lehrerin Fereshta Ludin, die 1998 ihr zweites Staatsexamen in Baden-Württemberg ablegte, unterrichtet zur Zeit an einer islamischen Grundschule in Berlin-Kreuzberg. Sie zeigte sich bestürzt über das Urteil, ließ aber offen, ob sie Verfassungsbeschwerde einlegen will. Sie betonte, dass für sie das Tragen einer Kopfbedeckung in der Öffentlichkeit eine Selbstverständlichkeit sei. «Ich bedecke damit meine Reize.» Der Sprecher des Stuttgarter Oberschulamts, Stefan Reip, begrüßte die Entscheidung.

Melchinger, sagte in der Verhandlung: «Es kommt nicht darauf an, was die Lehrerin auf dem Kopf hat, sondern was sie im Kopf hat.» Der Tübinger Professor für Öffentliches Recht, Ferdinand Kirchhof, der das Land Baden-Württemberg vertrat, sagte: «Ein bisschen Kopftuch, das geht in diesem Fall nicht.»

Auch für den Bundesvertreter, Prof. Hans-Dietrich Weiß, stand fest: «Das Kopftuch ist ein Symbol». Gewiss werde Lehrern keine absolute Neutralität in weltanschaulichen Fragen abverlangt. Doch mit dem Tragen eines Kopftuchs verlasse die Klägerin die Grenze der gelockerten Neutralitätspflicht. Der Fall sei vergleichbar mit der Kruzifix-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. «Ist der staatliche Unterricht unter dem Kreuz verwehrt, muss es auch verwehrt sein, staatlichen Unterricht unter dem Shador zu betreiben.»

Der Sprecher des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte den «Stuttgarter Nachrichten» (Freitag), der Zentralrat wünsche sich, dass die Frage nun höchstrichterlich vom Bundesverfassungsgericht entschieden werde. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Keskin, sagte der Zeitung, in der Tat habe das Kopftuch einen Symbolcharakter.

Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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