Medien: Instrumente politischer Propaganda

Konferenz übt Medienschelte nach dem 11. September

(ips)Seit den Terroranschlägen vom 11. September und dem US-Dauerfeldzug gegen "die Achse des Bösen" hat sich weltweit ein Klima der Angst und der einseitigen Schuldzuweisung ausgebreitet. Experten lasten die bedrückende Entwicklung vor allem den Medien an. Anstatt Sachverhalte kritisch zu hinterfragen und ihre Leser, Hörer und Zuschauer objektiv zu informieren, hätten sich viele Journalisten bereitwillig auf die Funktion eines politischen Sprachrohrs beschränkt, hieß es kürzlich auf einer internationalen Konferenz zum Thema 'Medien, Terrorismus und eine Kultur des Friedens' im australischen Perth.

"Die ständige Verwendung symbolträchtiger Bilder in den Medien hat dazu beigetragen, dass die Öffentlichkeit mehr als je zuvor verunsichert ist", beschrieb Hans-Joachim Gießmann vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg den Meinungsbildungsprozess, der die politische Propaganda begleitete.

"Noch Monate nach dem 11. September wurde die Berichterstattung über jedes Flugzeugunglück, jede Explosion eines Hauses in gleichem Stil fortgeführt. Dabei nahmen es die Medien in Kauf, dass den Vorurteilen gegenüber Religionen, Kulturen, Staaten, Menschen und Minderheiten Tür und Tor geöffnet wurden", kritisierte Gießmann vor Journalisten, Politikern, Akademikern und Regierungsberatern, die einer Einladung des in Singapur ansässigen Asiatischen Zentrums für Medien, Information und Kommunikation gefolgt waren.

Auch Journalisten unter den Konferenzteilnehmern räumten schwere Versäumnisse ein, die vielen Vertretern ihrer Zunft anzulasten seien. Nach den Septemberattacken hätten sie ihrem Publikum Zusammenhänge vorenthalten und auf die notwendige Analyse der Hintergründe eines Krieges verzichtet, in dem die Übergänge zwischen Propaganda und Berichterstattung verwischt wurden.

Don Pathan, der für die Region zuständige Redakteur der in Bangkok erscheinenden Zeitung 'The Nation', konfrontierte die Konferenz mit einer Reihe kritischer Fragen: "Wählen wir zu unseren Geschichten die richtigen Bilder? Sind die Berichte zutreffend und fair, sind unsere Kommentare und Analysen genügend konstruktiv?"

"In den Redaktionen wird die Realität täglich neu erfunden, und jede Redaktion schafft ihre eigene Realität" stellte Pathan fest. Man müsse sich fragen, ob sich dabei nicht eine gemeinsame Basis finden lasse und ob es tatsächlich möglich sei, es bei einem so sensiblen Themen wie Krieg und schweren Konflikten allen Seiten Recht zu machen.

"Medien sind so gut wie nie neutral", betonte Bunn Nagara vom 'Star' in Kuala Lumpur. "Sie können auf Seiten der Regierung stehen oder gegen sie opponieren. Sie haben ihre eigene Vorstellung von öffentlichem Interesse und müssen ihr eigenes wirtschaftliches Wohlergehen im Auge behalten." Den US-Medien warf er vor, sie hätten beim Umgang mit dem so genannten Patriotismus auf Objektivität verzichtet.

In Australien, so Peter Mares vom Australischen Rundfunk, hätten die Ereignisse vom 11. September sogar wesentlich dazu beigetragen, dass die Regierung die Parlamentswahlen im November noch einmal gewonnen habe. "Im Wahlkampf ging es nun nicht mehr um Themen wie Steuern oder Ausgaben für das Gesundheits- und Bildungswesen. Plötzlich spielten die nationale Sicherheit und die Sicherheit der Grenzen eine wichtige Rolle."

"Mit Panik reagierte man auf die meist aus dem mittleren Osten stammenden Flüchtlinge, die jeden Monat zu Hunderten auf australischem Gebiet Asyl suchten", berichtete Mares. Schon 48 Stunden nach den Attacken vom 11. September habe Australiens Verteidigungsminister Peter Reith davor gewarnt, die illegal auf australischem Territorium landenden Schiffe könnten Terroristen ins Land bringen, die hier ihre Stützpunkte etablieren wollten.

Hier, so Mares, wäre es Aufgabe der Medien gewesen, die Haltung der Öffentlichkeit und der Politiker gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden positiv zu beeinflussen. So habe die Berichterstattung über die Konflikte im Kosovo und in Osttimor bewirkt, dass Kosovaren und Osttimoresen, die sich nach Australien geflüchtet hatten, als 'gute' Flüchtlinge' angesehen wurden, während Afghanen zu den 'Bösen' gehörten. Dabei habe es keine Rolle gespielt, dass diese allen Grund hatten, vor dem grausamen Talibanregime zu fliehen. "Mitleid war nicht zu erwarten, denn nach gängiger Auffassung kamen sie aus einem feindlichen Land, in dem Terroristen zu Hause waren."

Die Konferenzteilnehmer waren sich einig, dass die Ereignisse vom 11. September und die Reaktionen vor allem ein Versagen von Außenpolitik, Verteidigungsstrategien, Geheimdiensten und auch den Medien als Institutionen verdeutlich hätten.

"In dieser Zeit, in der so viel davon die Rede ist, wie wir unsere Differenzen gewaltsam lösen, müssen wir uns als Journalisten darum bemühen, objektiv zu sein und die Probleme und Ereignisse in ihrem Kontext sehen und verstehen" forderte der philippinische Journalist Carlos Conde, der für das Kooperative Nachrichten- und Informationszentrum von Mindanao arbeitet. "Dazu gehört, dass man unvoreingenommen und leidenschaftslos die verschiedenen Seiten darstellt, die zu einer Geschichte gehören. Doch besonders in diesem Punkt haben die Medien kläglich versagt."

Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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