Freitag, 28. März 2003
Lügen zu Zeiten des Krieges
Soldat exekutiert oder gefallen?
Die Schwester eines an der südirakischen Front getöteten britischen
Soldaten hat die Darstellung von Premierminister Tony Blair
zurückgewiesen, ihr Bruder sei von irakischen Soldaten exekutiert
worden. In der Tageszeitung "Daily Mail" sagte Nina Allsopp, die
Streitkräfte hätten ihr und dem Rest der Familie mitgeteilt, dass ihr
Bruder Sapper Lucas Allsopp und seine 36-jähriger Kamerad Simon
Cullingworth im Kampf getötet worden seien.
"Wir verstehen einfach nicht, warum diese Leute lügen", sagte Nina
Allsopp (29) der Zeitung. "Die Armee hat uns gesagt, dass Luke gefallen
ist. Der Oberst aus seiner Kaserne ist sogar zu uns nach Hause gekommen,
um uns zu sagen, dass er nicht hingerichtet worden ist. Lukes Land Rover
ist in einen Hinterhalt geraten, und er war sofort tot. Der Oberst hat
gesagt, er würde tun, was er könnte, um das klarzustellen. Wir sind sehr
wütend." Allsopp weiter: "Es ist uns wichtig, dass die Leute die
Wahrheit wissen, dass sie wissen, was wirklich geschehen ist."
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ist Allsopp einer der beiden
getöteten britischen Soldaten, deren blutüberströmte Leichen am Mittwoch
im arabischen Fernsehsender El Dschasira gezeigt wurden. Am Donnerstag
hatte Blair sie als "hingerichtete britische Soldaten" bezeichnet. Die
Iraker hätten eine "unvorstellbare Grausamkeit" begangen. Allsopp und
Stabsoffizier Simon Cullingworth waren am Sonntag in der Nähe von Basra
verschollen.
Britische Regierung rudert zurück
Die britische Regierung hat indes eingeräumt, dass sie keinen "absoluten
Beweis" für die "Hinrichtung" zweier britischer Soldaten im Südirak hat.
Premierminister Tony Blair und US-Präsident George W. Bush hatten am
Donnerstag bei ihrer Pressekonferenz in Camp David davon gesprochen,
dass die Soldaten "hingerichtet" beziehungsweise "ermordet" worden
seien. "Das ist ein Kriegsverbrechen", hatte Bush gesagt.
Blairs Chefsprecher dagegen wurde am Freitag im "Guardian" und anderen
britischen Zeitungen mit den Worten zitiert: "Die Leichen lagen in
einiger Entfernung von den Fahrzeugen, in denen die Männer unterwegs
gewesen waren. Sie hatten ihre Helme und Jacken verloren. Wir
akzeptieren, dass das kein absoluter Beweis ist, aber es deutet in die
Richtung, dass diese Männer erschossen worden sind."
Ein Vertreter des britischen Militärs beim Oberkommando in Katar wurde
vom "Guardian" mit den Worten zitiert: "Die Fernsehbilder, die gestern
gezeigt worden sind, deuten darauf hin, dass sie hingerichtet worden
sein könnten, aber die Bilder sind von schlechter Qualität und liefern
uns nicht die (nötigen) Fakten."
Adresse:
http://www.n-tv.de/3149762.html
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