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Wird im Namen der Frauen- und Menschenrechte Diskriminierung gegen Muslime salonfähig gemacht und der Missbrauch dieser hohen Werte dadurch in Kauf genommen?

 

Menschenrechtsorganisationen fordern Ende der Verbotspolitik im Kopftuchstreit - Kommentar

„Wer Kopftuch-Verbote per Gesetz verordnet, christliche Symbole wie Kruzifixe an öffentlichen Schulen aber von dem Verbot ausnimmt, macht sich verfassungsrechtlich angreifbar. Denn legt man das Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, dann müssen alle Religionen gleich behandelt werden, keine darf durch den Staat bevorzugt oder benachteiligt werden.“ So der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner, vor ein paar Tagen

Kopftücher sind zur Projektionsfläche für Ängste vor Überfremdung geworden; sie wecken bei manchen Politikern und Parteien offenbar Ausgrenzungs- und Verbotsreflexe. Die Liga hält demnach Verbote und Ausgrenzung rechtspolitisch für den falschen Weg, zumal, wenn sich ein solches Verbot zum Berufsverbot für Einzelne entwickeln kann. Im übrigen mindert das Kopftuch keineswegs die Qualifikation der Trägerin – es sei denn, Missionierungsversuche oder anti-emanzipatorische Inhalte stünden auf ihrem Stundenplan, die keinesfalls geduldet werden können. Hierfür sind aber die herkömmlichen Gesetze völlig ausreichend.

Die öffentliche Debatte um das Kopftuch hat längst groteske Züge angenommen; das Kopftuch ist zum symbolischen Kristallisationspunkt einer kulturell-religiösen Auseinandersetzung geraten. In Hessen will man jetzt das Kopftuch generell verbieten. Originalton des CDU-Fraktionsvorsitzenden: „Eine Lehrerin oder Beamtin, die auf das Tragen des Kopftuches beharrt, bekennt sich nicht zu unserer Verfassung.“ Mit anderen Worten: Muslime, die an ihren Glaubensinhalten festhalten, sind Verfassungsfeinde. Das ist starker Tobak und hat nicht nur in Hessen heftige Kritik hervorgerufen. Man fragt sich nebenbei, warum hat dann die CDU/CSU in all den Jahren gegenüber dem Kopftuch geschwiegen? Vielleicht weil ihr in der Vergangenheit das Kopftuch in der Person einer Putzfrau begegnet ist – und eine Putzfrau als Verfassungsfeind darzustellen, scheint wohl allein der Hygiene wegen unzumutbar zu sein?

Diese neue Gesetzesinitiative und das generelle Verbieten religiöser muslimischer Bekleidung in der Schule stellt in der Tat das bisher tiefste Niveau unserer politische Klasse dar. Doch wird sich zeigen, ob es im Klassenzimmer halt macht. Schließlich sind wir ja noch nicht am Ende und schließlich haben wir allein in diesem Jahr vierzehn Wahlen abzuwarten. Die Muslime sind gezwungen, sich nun „warm anzuziehen“, oder muss man schon fast sagen: „auszuziehen“ und zwar das Kopftuch?

Besonders Unionspolitiker versuchen sich in diesen Tagen gegenseitig zu überbieten, wer denn noch härter und unnachgiebiger im Verbieten ist. Der soziale Frieden in Deutschland hängt schief. Das scheint diesen Politikern entweder egal zu sein, oder sie haben es bisher nicht bemerkt. Die Anfeindungen und das Misstrauen gegen Muslime im Alltag – so berichten zahlreiche Muslime (z.T. auch anonym aufgrund ihrer Angst) hat eindeutig durch die absurde Kopftuchdiskussion zugenommen. Die Zuschriften und Anrufe, welche die muslimischen Verbände tagtäglich erreichen, haben beängstigende Ausmaße angenommen. Nicht selten denken selbst deutschstämmige Muslime laut daran, ob Deutschland als Muslim noch lebenswert ist.

Es gibt aber auch viele gemäßigte Kräfte in unserem Land, die jenseits dieses Kopftuchstreits und jenseits von Verbotsdrohungen auftreten. So z.B. die eben genannte Internationale Liga für Menschenrechte, welche für einen offenen Dialog mit Muslimen und ihren Gemeinschaften eintritt und einer offenen Auseinandersetzung zum Verhältnis zwischen den Religionen und Menschenrechten in unserem Land nicht aus dem Weg gehen will.
Die Internationale Liga für Menschenrechte und der Interkulturelle Rat, das deutsche Institut für Menschenrechte, christlich-islamische Gesellschaften, Politiker, Richter, Verfassungsjuristen, der Zentralrat der Juden, ja selbst der Bundespräsident stellen sich offen gegen ein generelles Kopftuchverbot, sie haben erkannt: es geht längst nicht mehr um das Kopftuch allein.

Sie allen fordern eine bürgerrechtsverträgliche Integration von Muslimen sowie eine Revidierung der Haltung, Muslime unter Generalverdacht zu stellen. Gegen das Berufsverbot für eine Minderheit und gegen die Diskriminierung im Namen von Frauenrechten und Menschenrechten – was schon ein Missbrauch im wörtlichen Sinne darstellt – einzutreten ist eine ehrenwerte ja selbstverständliche Haltung und sollte für uns alle Bürgerpflicht sein. (Aiman A. Mazyek)


Quelle: Islam.de




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