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Islamische Zeitung, 07.10.2004:

Ramadan - ein besonderer Monat

Ein kurzer Abriss über die Pflichten während dieser besonderen Zeit

 

Imam Muslim überlieferte von Abu Huraira, möge Allah mit beiden zufrieden sein, vom Gesandten Allahs, Allahs Frieden und Segen auf ihm, dass Allah sagte: „Jede Handlung des Sohnes von Adam gehört ihm selbst, außer dem Fasten. Es ist Mein, und Ich werde ihn dafür entlohnen. Das Fasten ist ein Schutz. Wenn einer von euch fastet, soll er weder obszön noch zu laut sprechen, und wenn ihn jemand beleidigt oder herausfordert, dann soll er sagen: ‘Ich faste.’ Bei Dem, in Dessen Hand die Seele von Muhammad ist, der Atem desjenigen, der fastet, ist bei Allah genehmer als der Duft von Moschus. Der Fastende hat zwei Freuden: Wenn er sein Fasten bricht, erholt er sich, und wenn er seinem Herren gegenübersteht, hat er Freude an seinem Fasten.“ Das Fasten im Monat Ramadan ist von Allah für die Muslime verpflichtend gemacht. Allah ta’ala spricht in vielen verschiedenen Ajats über das Fasten im Ramadan, im Besonderen in Sura Al-Baqara: „Oh ihr Muminun! Das Fasten ist euch vorgeschrieben, so wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch waren. Vielleicht habt ihr Taqwa. Es sind nur abgezählte Tage. Und wer von euch krank oder auf einer Reise ist, soll eine Anzahl anderer Tage fasten. Und denen, die es (nur) mit großer Mühe ertragen können, ist als Ersatz die Speisung eines Armen auferlegt. ... Der Monat Ramadan ist es, in dem der Qur’an als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt worden ist und als klarer Beweis der Rechtleitung und der Unterscheidung. Wer also in dem Monat zugegen ist von euch, der soll in ihm fasten. ... Allah will es euch leicht, Er will es euch nicht schwer machen - damit ihr die Frist vollendet und Allah rühmt, dass Er euch geleitet hat. Vielleicht werdet ihr dankbar sein. Und wenn dich Meine Diener über mich befragen, so bin Ich nahe; Ich höre den Ruf des Rufenden, wenn er Mich ruft. Deshalb sollen sie auf Mich hören und an Mich glauben. Vielleicht werden sie den rechten Weg einschlagen.“ (Al-Baqara, 183-187) Das Fasten hat relativ wenig mit der modernen Sichtweise zu tun, die darin eine Gesundheitsübung und eine Bewusstwerdung über die weltweit Hungernden und Armen sehen will. Allah sagt in seinem Buch: „Oh ihr Muminun! Das Fasten ist euch vorgeschrieben, so wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch waren. Vielleicht werdet ihr Taqwa haben.“ Taqwa ist das furchtsame Wissen von der Anwesenheit Allahs. Das Wort Taqwa kommt aus der arabischen Bedeutung von ‘schützen’ oder ‘abschirmen’. Taqwa ist die richtige Handlung zur richtigen Zeit, die die Zeit Allahs ist. Mit der Taqwa schützt der Muslim sein Selbst - jemand mit Taqwa lebt sein Leben so, dass er sich sorgt, nur diejenigen Dinge zu tun, die Allah gefallen - und beschützt damit seine Wirklichkeit als Stellvertreter (Khalif) Allahs auf der Erde.

Verpflichtendes Fasten
Die Verpflichtung zum Fasten im Monat Ramadan wird auch deutlich erklärt durch das berühmte Hadith des Propheten, Friede und Segen Allahs auf ihm, das mit folgenden Worten beginnt: „Islam basiert auf fünf Säulen: Der Bezeugung, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und dass Muhammad sein Gesandter ist, der Einrichtung des Gebets, der Bezahlung der Zakat, der Hadsch zum Haus und dem Fasten im Ramadan.“ (Bukhari und Muslim von Ibn ‘Umar) Für folgende Gruppen wurde von Allah das Fasten verpflichtend gemacht: • Muslime; Nichtmuslime sind nicht verpflichtet, zu fasten. • Erwachsene; Kinder bis zum Erreichen der Pubertät müssen nicht fasten. • Geistig Gesunde; Psychische Krankheit enthebt für die betroffene Phase von jeglicher Pflicht zur ‘Ibada. • Körperlich Gesunde; Kranke müssen Tage nach ihrer Gesundung nachholen. Alte oder sehr hinfällige Menschen haben, falls sie können, die Möglichkeit, stattdessen Arme zu speisen. • Freiheit von Menstruation; Frauen müssen Tage, die wegen Regelblutung ausgesetzt wurden, nachholen. • Sesshafte; Reisende dürfen das Fasten brechen

Grundlegende Pflichten
Erstens muss die Absicht zu Fasten vorliegen, ohne die das Fasten nicht wirksam ist. Die Absicht, für den ganzen Ramadan zu fasten, muss vor dem ersten Tag dieses Monats gefasst werden. Es wird empfohlen, diese Absicht jedes Mal vor Anbruch eines neuen Tages zu erneuern. • Zweitens muss man sich während der Zeit des Fastens all derer Dinge enthalten, die das Fasten brechen können, wie Essen oder Trinken, sexueller Verkehr, Rauchen und erzwungenes Erbrechen. Falls man während des Fastens eine dieser Handlungen vollzieht, so entscheidet die Absicht über die Bewertung. Geschieht dies unbeabsichtigt, so wird der Tag weiter gefastet und man muss diesen einen Tag später nachholen. Wird das Fasten im Ramadan allerdings absichtlich gebrochen, so muss man als Fidja entweder zwei Monate durchfasten oder 60 Bedürftige speisen. Es gibt drei Sunnan [Plural von Sunnah; Handlungsweise des Propheten] im Ramadan: • Eile, um das Fasten sofort nach dem Sonnenuntergang zu brechen (Iftar), • das Essen vor dem Sonnenaufgang (Suhur) so spät wie erlaubt zu sich zu nehmen, • und das Fernhalten von nutzlosem oder streitsüchtigem Gerede. Beim Suhur sollte der Muslim soviel Zeit bis zu Fadschr haben, dass er fünfzig Ajats rezitieren kann. Gibt es Zweifel über den richtigen Zeitpunkt, so soll man mit dem Suhur aufhören. Wenn er sein Fasten brach, pflegte der Gesandte Allahs, Frieden sei mit ihm, folgendes zu sagen: „Dhahaba adh-dhama’i wa-btallati l’uruq wa thabat l’-adschru inscha’Allah - der Durst ist verschwunden, die Blutgefäße sind feucht und die Belohnung ist sicher, wenn Allah will.“ Oder auch: „Allahumma laka sumna wa’ala rizqika aftarna fa-tqabbal minna innaka anta as-sami’ul-’Alim - Oh Allah, wir haben für Dich gefastet, und wir haben unser Fasten gebrochen mit dem, was Du uns gegeben hast. Wahrlich, Du bist der Hörende, der Wissende.“ Es wird überliefert von ‘Abdallah ibn ‘Amr ibn Al-’As, dass der Prophet, Friede und Segen Allahs mit ihm, sagte: „Wahrlich, die Du’a desjenigen, der sein Fasten bricht, wird nicht abgelehnt.“

Bedeutung des Fastens
Der Ramadan hat nicht nur Aspekte des Äußeren, sondern findet zu großen Teilen im Inneren des einzelnen Muslims statt. Die spirituelle Dimension des Fastens wurde einmal wie folgt beschrieben: „Der gesamte Eindruck des Ramadans ist erschütternd und sein Effekt auf die eingebildete Festigkeit der Nafs extrem. Was er in der Tat bewirkt, ist die Erschütterung der Illusion des Getrenntseins und der Eigenständigkeit des Selbst, welches sich in den Verhaltensmustern der Erwachsenen manifestiert. Es bringt den Menschen zurück zu Erinnerung seiner Kindheit, in der er - für ihn klar ersichtlich - von jemandem anders versorgt wurde. Dies ist das Mittel, die untersten Strukturen der Nafs zu brechen; durch die Erzeugung des spürbaren Bewusstseins, dass es Allah ist, der uns versorgt.“ Wenn jemand im Ramadan mit Vertrauen und Wissen um die Belohnung von Allah fastet, werden ihm alle vergangenen schlechten Dinge vergeben. Wenn wir die Bedeutung betrachten, hat das Fasten innerhalb der Schari’a eine Perfektion, über der es keine andere gibt. Deshalb hat Allah dem Fasten ein eigenes Tor im Garten gegeben. Die Fastenden werden durch dieses Tor - das „Tor der Durstlöschung“ eintreten. Die Durstlöschung ist der höchste Grad der Perfektion des Trinkens, denn nachdem der Durst gelöscht wurde, verlangt es den Trinkenden nach nichts mehr. Imam Muslim überlieferte in einem Hadith von Sahl ibn Sa’d, dass der Gesandte Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, gesagt hat: „Es gibt ein Tor im Garten, das das „Durstlöschende“ heißt. Die Fastenden werden es am Tag der Auferstehung betreten. Niemand außer ihnen wird es betreten. Es wird gefragt: „Wo sind die Fastenden?“ und sie werden hindurchgehen. Wenn der Letzte von ihnen hindurch ist, wird es verschlossen und keiner wird mehr eintreten können.“

Die Besonderheiten
Als Monat ist der Ramadan von größter Besonderheit, denn in ihm haben sich wichtige Gegebenheiten der Offenbarung und der ersten Gemeinschaft in Medina ereignet. Am wichtigsten natürlich ist die Tatsache, dass der Qur’an im Ramadan überliefert wurde. Die Muslime haben deshalb auch die Gewohnheit angenommen, während des Ramadans den gesamten Qur’an mindestens einmal zu rezitieren. In den letzten zehn Nächten des Ramadan kommt die Nacht der Macht, die Nacht des Schicksals (Lailatu’l-Qadr), von der Allah sagt, sie sei besser als tausend Monate. Es ist die Nacht, in der der Qur’an zum ersten Mal dem Gesandten offenbart wurde und die Engel von den Himmeln herabsteigen und einige von ihnen die Fahne des Gesandten auf vier Orte der Welt - Medina, Mekka, Al-Quds und der Berg Sinai - aufpflanzen. Es ist gute Sitte unter den Muslimen, in dieser Nacht, die Allah in der Sura Ad-Duhân „die gesegnete Nacht“ nennt, gemeinsam zu beten und ihn in Bittgebeten anzuflehen. Der Gesandte Allahs überlieferte, dass ein Du’a, welches in der Lailatu’l-Qadr gesprochen wurde, von Allah angenommen wird. Eine Sunnah der Muslime, die seit dem Khalifen ‘Umar ibn al-Khattab praktiziert wurde, ist die des Tarawih-Gebetes. Dabei beten die Muslime in Gemeinschaft nach dem Nachtgebet eine nicht festgelegte Anzahl an freiwilligen Gebeten, deren Menge mindestens zwei Raka’at betragen sollte. Zwischen den einzelnen Gebeten des Tarawih wird ein kurze Lobpreisung des Propheten rezitiert. Muhjiddin ibn Al-‘Arabi zieht unsere Aufmerksamkeit auf die Bedeutung dieser speziellen Gebete, indem er auf die Wurzel des Wortes „Tarawih“ verweist, welches von dem Wort Ruh (Atem oder Geist) stammt. Dessen Verbalform weist daraufhin, dass sich das Wesen desjenigen, der Tarawih praktiziert, vergeistigt. Besonders wird das Tarawih auch durch die Tatsache, dass es das einzige Nafila-(freiwillige)-Gebet ist, welches in Gemeinschaft gemacht wird. A’ischa, möge Allah mit ihr zufrieden sein, überlieferte, dass der Gesandte Allahs nie mehr als zwölf Rak’at im Tarawih gemacht hat, die von einem einzelnen Rak’a für Salatu’l-Witr gefolgt wurde. Die Salaf der ersten Gemeinschaft pflegten gewöhnlich zwanzig Rak’at zu beten, die von weiteren drei für Schaf’i und Witr abgeschlossen wurden. Abu Huraira überlieferte, dass der Gesandte Allahs die Menschen aufmunterte, im Ramadan die Nacht mit Gebet zu verbringen, es aber niemals ausdrücklich verfügt hatte. Der Prophet, Frieden und Segen mit ihm, pflegte zu sagen, dass jedem, der die Nacht im Ramadan im Gebet mit Vertrauen und Erwartung in Allah verbringe, seine vergangenen Fehler vergeben werden. ‘A’ischa, Mutter der Muminun, überlieferte, dass der Prophet eines Nachts im Ramadan in der Moschee betete und die Leute beteten hinter ihm. Dann betete er dort in der nächsten Nacht und viel mehr Leute standen hinter ihm. In der darauffolgenden Nacht versammelte sich eine große Menge der Gefährten in der Moschee, aber der Prophet, Frieden sei mit ihm, trat nicht heraus. Am nächsten Morgen sagte er zu ihnen: „Ich sah was ihr tatet und das einzige, was mich davon abhielt, zu euch zu kommen, war meine Furcht, dass dies verpflichtend für euch werden könnte.“ Eine Sunnah des Gesandten war es, ‘Itikaf zu machen. In dieser Zeit, normalerweise das letzte Drittel des Ramadans, zog er sich für Dhikr und Qur’an in die Moschee zurück. Von außen wurde ihm Essen für die Nächte gebracht. Wie alle Dinge des Islam, so ist auch der Ramadan von einem guten Ende abhängig. Ohne die Bezahlung der Zakat al-Fitr und dem ‘Id (Feiertag)-Gebet ist der Ramadan undenkbar und wird von Allah nicht angenommen. Wie beim Anfang, so ist das Ende des Ramadans von der Sichtung des Neumondes anhängig. Dabei spielen aber mathematische Berechnungen keine Rolle. Dem Beginn entsprechend, muss die lokale Führung der Muslime zwei vertrauensvolle Personen der Ortes beauftragen, nach dem Mond zu schauen. Sollte dieser nicht gesichtet werden können, wird der Ramadan nach dreißig Tagen beendet.

 

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